Grüße aus dem Sudetenland
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Durch die Erkenntnis, dass die Erde rund ist,
Und sich um die Sonne dreht,
Ist die Welt nicht einfacher geworden.
Damit sich beruhigen, dass ich
vielleicht einmal alles verstehe,
ist nicht die Antwort.
Schwäche und Sehnen nach etwas,
das ich nicht kenne.
Das Gefühl,
dass wenn ich die Welt
und das Dunkle durchschaue,
fühlen werde,
wie es schwindet...
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Vielleicht gibt es Momente, wo du dich
wie vor der Geburt fühlst.
Dunkel,
ständige Stille,
du,
und noch jemand.
Den du dann immer suchen wirst.
Alte Witwe
Briefe schreibe ich dir keine mehr.
Sowieso war deine Post
bei uns auf dem Kühlschrank.
Warum das Wasser durchs Sieb....
Du bist bei mir,
auch wenn ich gerade
ein schief hängendes Bild richte.
Längst bin ich kein Backfisch.
Ich sehe nicht zum Himmel,
löse keine Allegorie
tröste mich nicht.
Ich schicke dir keine Nachrichten.
Warum auch......
Der Stuhl mir gegenüber
neben unserem Wackeltisch
ist nicht leer.
Auf deiner Hälfte sind immer noch
braune Flecken
von verschüttetem Kaffee.
Happy Day
Heute haben die Säufer ihren Glückstag:
Der Bettler von der Karlsbrücke
wurde nicht vom Bullen vertrieben.
Die schöne Fee hat sich heute
auf dem Weg vom Einkaufen
nicht einmal ein Bein gebrochen.
Und die Vollgepisste
ließ die Schaffnerin
bis nach Bystrovany fahren...
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Noch bevor ich gehe,
möchte ich gerne ihren Namen wissen.
Wie alt ist sie
und was für sie die zwei
Frauen sind, die sie begleiten.
Vor allem aber,
vor allem interessiert mich,
wenn ich im Wald das Echo höre
ihres eigenen Geschreis Wiederkehr,
in dem ich nicht ein einziges Wort verstehe
(als würde mir im Innern etwas zerreißen):
Warum lächeln trotz allem
die beiden Frauen glücklich.
Ein Körper an der Straße
Jede Woche
sieht er weniger
nach Katze aus.
Nach Stradonice
So kehrte ich einmal nach Hause...
Gedämpftes Klappern
bronzener Armbänder
höre ich immer noch in meinem Ohr.
Unter mir fließt immer noch
faul der Fluss.
Und eben so wie damals folge ich
seiner Spur,
der vor mir ans Tor trat.
Irgendwo hinter Beroun
Die grausamsten Geheimnisse sind die menschlichen.
Der Wald, in dem ich irre,
gibt eine Drahtrolle, ein verrostetes Fass
und einen spanischen Reiter preis.
Stille.
Schützengräben Birken durchwachsen.
Nur die Blätter rauschen
und die Bäume bedecken barmherzig
ein Betongehege,
mit einem Drahtzaun umgeben.
Und drinnen ist etwas.
Irgendwo auf dem Fahrweg
ein Mann mit abwesendem Blick.
Die Kaserne, wo er gedient hat,
fand er bisher nicht.
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Meine Träume riechen nach faulendem Laub
dunkle Gedanken wie von Wasser durchtränktes Moos
in das manchmal von den Weißbuchen ein Tropfen fällt
die Luft ist voller Wasser aus dem Mund dampft
Sehnsucht sich zwischen den feuchten schwarzen Stämmen zu verheddern
sich in ihnen zu verlieren mit schwerem Lehm zu verschmelzen
(Gedichte aus dem Band „Ihr Schmerz“)
Aus dem Tschechischen von Pavlína Amon und Stephan Techgräber